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1975 war der
Vietnam-Krieg
zu Ende. Am 30. April verlies der
letzte Hubschrauber Saigon. Zehn Jahre später wurde ein Song von Paul Hardcastle der
Hit zu diesem Thema überhaupt. '19' hiess dieser Song, in dem es um US-Soldaten
in Vietnam geht, die gerade mal im Durchschnitt neunzehn Jahre alt waren. Es sind
Originalaufnahmen von US-Nachrichtensprecher zu hören, sowie Kampfeinsätze von
Soldaten in Saigon
(heute: Ho-chi-Minh Stadt). |
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1O.
Juni 1985 |
In deutschen Diskotheken wurde auch zum Paul Hardcastle-Song
'19' getanzt. Das Werk ist eigentlich etwas für den Kopfhörer, wo man ganz
viele Details wie Waffengeräusche, Hubschrauber, laufende Soldaten und fahrende
Jeeps
heraushören kann. Paul hatte es aus Originalaufnahmen der Army und aus den Vietnamkriegs-Berichterstattungen
(Nachrichtensprecher)
des Fernsehens
einfügte. |
Doch haben und hatten viele Leute den
Inhalt des genialen Werkes
nicht richtig
verstanden. (In der Vielfalt seiner Versionen) |
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Der Titel '19' bezieht sich auf das
Durchschnittsalter der Vietnam-Soldaten. Im zweiten Weltkrieg war das
Durchschnittsalter 26, so ist im Songtext zu hören. Die deutsche Plattenfirma
von Hardcastle - 'Ariola Group of Companies' - war der Meinung, man müsse diese
Botschaft verinnerlichen und machte im gleichen Jahr (Juli) eine 'German Version' der
Nummer mit
Tagesschausprecher
Werner Veigel. |
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In Vietnam
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Helikopter
schwirren durch die staubgetränkte Luft,
Schnellfeuergewehr-Schüsse peitschen, und todesschwangere Hektik
erfüllte das Szenario. Blutjunge GI's in grün-braungesprenkelten
Kampfanzügen springen, laufen, beten, fluchen, schiessen um ihr
Leben. Vor 34 Jahren ging mit dem panischen Luftbrückenunternehmen
zur Evakuierung Saigons der
Vietnamkrieg
zu Ende. Zumindest der
amerikanische Teil des jahrzehntelangen Ringens in Indochina. Ein
Dilemma von für die Vereinigten Staaten bislang noch nie erlebten Ausmassen. Die
US-Nation war erschüttert und gespalten. Der
Nimbus von
der amerikanischen Unbezwingbarkeit war widerlegt.
Jahre
später recherchierten Soziologen und Militärwissenschaftler
grausige Details des blutigen Krieges in den Urwäldern
Vietnams. So fanden sie heraus, dass das Durchschnittsalter
der in Vietnam kämpfenden GI's ganze 19 Jahre betrug.
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Zeitsprung
1985
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 Die
letzte Tage Saigons scheinen wieder angebrochen zu sein. Aus
dem Radiolautsprecher dringen MG-Salven, berichtet die
sachliche Stimme eines Nachrichtensprechers über die
amerikanischen Verluste. Im stakkatohaften Wechsel mit
knallenden Schüssen schrecken Synth-Drum-Kaskaden.
Digital-stotternd bohrt die Anonym-Stimme die Zahl '19' (Nineteen)
immer und immer wieder ins Hirn.
Paul Hardcastle
-
"...they fought the longest war in American History ... the average age of the
American soldier in Vietnam was ninininiteen... ". Wer
einen so ungewöhnlichen Song aufnimmt, der muss auch als
Persönlichkeit ausserhalb der üblichen Normen stehen.
Im positiven Sinn, versteht sich.

1957 geboren: Als Spross einer musikalischen Familie
(sein
Vater
Lou Hardcastle war selbst Musiker, nahm seine Familie mit auf Tourneen
rund um die Welt) hatte Paul früheste Kontakte zum
Medium Musik. Mit fünf Jahren erste Erfahrungen am
Schlagzeug, in seiner Teenagerzeit erste Experimente mit
Billig-Synthesizern und Tape-Decks. Da für britische
Jugendliche der Start in eine berufliche Existenz alles
andere als ein Zuckerschlecken ist, verdingte sich Paul
zunächst als Kradmelder bei der Armee ihrer Königlichen
Hoheit.
Jobs
wie Verkäufer in einem HiFi-Laden oder als Prüfer an den
Bändern der Ford-Motor-Company folgten. In seiner Freizeit
allerdings bastelte er weiter an klangvollen Segmenten --
jetzt schon mit Hilfe eines Mehrspur-Systems. Wie so viele
musikbegeisterte Engländer studierte Paul die Kleinanzeigen
in den UK-Musikerbibel "Melody Makers" und bewarb
sich auf eine Annonce, in der man einen Keyboarder
suchte.
Eher
überrascht ob seiner relativen Unerfahrenheit fand er sich
kurz darauf bei einer Formation namens "Direct
Drive" wieder. Den Super-Hit, der die frischen Jungs
nach oben bringen sollte, gab's nicht. Dafür aber jede
Menge Erfahrungen im nicht immer ganz fairen Musikgeschäft.
Darüber hinaus brachte Paul Hardcastle sich autodidaktisch
den Umgang mit Bass und Gitarre bei. Mangels Hit und
Einstimmigkeit löste sich "Direct Drive" recht
schnell auf -- übrig blieben Derek Green und Paul Hardcastle, die aus den Restfragmenten 1982 "First Light"
gründeten. Zwei nationale Hits ('Horse with no Name'
und 'Explain the Reasons' - von Steve Levine produziert!)
gelangen, und dann war auch der Konsens zwischen Derek und
Paul am Ende angelangt.
Monate
gingen ins Land, und per Zufall begegnete Paul einem alten
Freund aus Schultagen, Steve Walsh, mit dem zusammen er ein
eigenes Mini-Label aufbaute. Die erste Single aus dieser
Sozietät, 'You're the one for me', wurde unversehens zum
Club-Hit. Zunächst nur in Grossbritannien -- dann
schliesslich auch auf dem Kontinent. Man schrieb Februar
1984, und Paul war mitten 'drin im Business. Die
Follow-Up-Single 'Gulity' (dt.: 'Schuldig') brachte
weitere Chart-Honoren, und mit 'Eat your heart out' gelang Paul der Sprung über den Altantik
nach Amerika. Dort wurde der begabte Brite schon seit
geraumer Zeit als Geheimtipp in so renommierten Diskotheken
wie dem New Yorker "Studio 54" aufgelegt. Ein
Album mit dem Titel 'Zero One' (1985) erwies sich
zwischen den beiden Küsten als Riesen-Knaller. Elegant
meisterte Paul auf den acht Tracks dieser LP den Übergang
von der musikalischen relativ simplen Breaker-Scene zu den
richtungsweisenden Elektro-Dance-Klängen der zweiten
Hälfte der 8Oer Jahre.
 Solche
Pionierarbeit wurde prompt mit einem Hit belohnt. 'Rainforest' war in den Vereinigten Staaten Anfang 1985 ein
Billboard-Renner. Nicht nur in den massstäbesetzenden Dance-Charts
stand Paul damit an vorderster Front, sondern auch in den
verkaufsorientierten HOT 1OO launchte er 'Rainforest' an
die Spitze. So mancher europäische Musikbeobachter
erinnerte sich angesichts des Erfolges in den USA des Namens
Hardcastle. Es sollte noch massiver kommen.
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'19'
- Die Entstehung 1983 |

Zur
Entstehung seiner Anti-Kriegshymne '19' befragt,
erzählt Paul die Geschichte von der 48 minütigen TV-Dokumentation
"Vietnam Requiem"
(VHS 1982/83, DVD 2008, Film von Jonas McCord und
William D. Couturie - Else, Couterie &
Korty / ABC Closeup).
Das ergreifende Werk der
amerikanischen TV-Redakteure Jonas McCord
(geb.
13.06.1952 [Washington, DC., USA]) und
William 'Bill' Coutourie hatte es Paul
Hardcastle so angetan, dass er sich
im Herbst 1984
unverzüglich in den Jet nach New York setzte und mit den
Fernseh-Machern einen Vertrag aushandelte.
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Gegen eine
Beteiligung von umgerechnet 16.000 DM an den Songwriter-Credits, stellte Fernsehmann
Bill Coutourie optische
(Aufnahmen von Kameramänner der US-Army) und akustische Elemente
(Stimme von Narrator Peter Thomas,
geb. 28.06.1924 und Kriegsveteran Albert Dobbs, geb.
14.05.1917) aus dem Film zur Verfügung.
Paul remixte den Original-Ton und unterlegte ihn mit
allem, was die zeitgenössische Studio-Technik an Dance-Effekten so zu bieten hat. |
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 Die
Sendung, die zum 10. Jahrestag
(1973-1983)
des Kriegsendes in Vietnam gezeigt wurde, brachte den 26
jährigen zum ersten Mal mit einem Problem in Konflikt, das
seine Generation bisher nur aus Erzählungen kannte: den
sinnlosen, grausamen Krieg.
Paul
(1985): "Zuerst war es eigentlich nur die Tatsache, dass das
Durchschnittalter der amerikanischen Soldaten dort nur 19
Jahre betrug, während sie im Zweiten Weltkrieg
durchschnittlich noch 26 Jahre alt waren." |
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"Aber dann sah ich auch, wie
die USA ihre Soldaten in Vietnam verheizten, wie ohnmächtig
diese technisch hoch überlegene Supermacht gegen die in
schwarzen Pyjamas gehüllten Partisanen
der Vietkong waren, die anfangs mit Fahrrädern ihr
Kriegsgerät durch den Dschungel transportierten, und dass
noch 1985 1.750.000 Veteranen unter schweren psychischen
Störungen, Angstzuständen und Drogenabhängigkeit leiden." |
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Mehr
als 10 Jahre dauerte das Massaker, bei dem insgesamt
über 58.100
Amerikaner und über 2 Millionen Vietnamesen starben.
Alle
Information und Zahlen |
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Ursprünglich
wollten die USA nur den westfreundlichen Süden Vietnams
gegen den Moskau hörigen Norden
verteidigen, doch je mehr
Truppen nach Fernost geschickt worden, desto chaotischer
wurde die Situation.
Verzweifelt versuchte man den unsichtbaren Gegner, der in den
riesigen Urwäldern immer wieder woanders auftauchte, mit
übergrosser Brutalität, Hubschrauberangriffen und
hochgiftigen Kampfstoffen zu bezwingen.
Mit chemischen Giften wurden ganze Wälder entlaubt, um die
Transportwege der Vietkong aufzudecken. Das alles war
zermürbte aber mehr die Amerikaner selbst, als den Feind.
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Das
Resultat: |
Eine Nummer,
die neben den kaum zu übertreffenden Tanz-Hooks auch
noch ein gerütteltes Mass an Engagement über die Lautsprecher bringt.
Für Insider wie für Fans völlig überraschend: Im
Schnellschritt landete '19' auf Platz 1 der britischen TOP
75 (Mai 1985). Vier Wochen später geschah dasselbe
in Deutschland, und damals gab es kaum eine Pop-Nation, in
der Paul "The Wizzard" Hardcastle nicht "Top of the Pops" war. |
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Deutschland: |
 
Am
27.05.1985 wurde die englische '19'-Version Platz 16 bei
Media Control und ab dem 10.06. 6 Wochen
hintereinander die No. #1. 18
Wochen (bis 23.09.1985) hielt sich der Hit
unter den TOP75/100 der Single-Charts. 12
Wochen unter den Top10.
Die
'19'-German-Version
schaffte es bis auf Platz #17, aber ganze 8
Wochen in den TOP75/100 der dt. Single-Charts.
'19'-Charts-Listing
Am 10.06.1985
kommt Paul nach Deutschland in die Kult-Sendung "FORMEL
EINS" (ARD/NDR). Dort gibt er ein Interview und
bekommt durch Moderator
Ingolf
Lück [*1958] den "Studebaker"-Preis für
seine deutsche Nummer #1. |
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In anderen Ländern wie Japan, Italien
(ita.
Hitparaden-Einstieg
- 03.08. Platz 4, 10.08.1985 Platz 2,
mehr...),
Frankreich und Spanien gab es ebenso heimische
Auskopplungen. So schaffte es '19' in 13 Ländern auf Platz 1. |
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Storys aus 1985
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Mai 1985:
Am
09.05.1985 steigt '19' in England mit Platz 4 neu in die
Charts ein.
Juli
1985:
Die Maxi-Single 'Rainforest' wird in Deutschland
vorgestellt. Laut Zitat aus den "BRAVO"-Platten-News
(Ausgabe 30/1985): "Paul Hardcastle's Klang- und
Rhythmusstudien sind wirklich ein Erlebnis. Auch wenn der
Studio-Crack wie auf dieser Aufnahme auf sämtliche
Knalleffekte und jeden Text verzichtet. 'Rainforest' trieb
mir 5:15 Minuten lang den Schweiss auf die Stirn". |
Song-Bewertung (***=Riesig) |
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Der Weg von
Paul an die Spitze |
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Höchste
Chartposition von '19' in den USA #16. |
In den Billboard Hot R&B/Hip-Hop Songs bis auf #8! |
Verständlich, denn
für viele Veteranen in den USA ist die Zeit in Vietnam bis 1975 ein Trauma -
bis heute!
Chart Italien /
Italy
#1 (1985) "19"
#46 (1986) "Don't waste my time"
#28 (1986) "Just for money" |
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Juli
1985:
Paul's, Chart-Senkrechtstarter mit dem
Anti-Kriegs-Hit '19', hat bereits seinen zweiten
Coup gelandet: Die deutsche Version seines No.1-Songs
kam im Juli auf den Markt. Als Sprecher für den dramatischen
Nachrichtentext auf dieser Platte konnte der
26jährige Studio-Profi noch dazu
den
bis heute bekannten "Tagesschau"-Chefsprecher
Werner
Veigel
gewinnen, der bei dem Projekt kurz entschlossen
mitmachte. Paul sagte:
"Ich finde es verdammt wichtig, dass
auch meine deutsche Fans den Inhalt des Songs jetzt
voll verstehen." Veigel dazu aus seinem
damaligen Urlaubsort Rhodos: "Es war eine tolle
Abwechslung zu meiner "Tagesschau"-Arbeit und dient
schliesslich einem guten Zweck. Ich würde das
sofort wieder machen...". Die höchste
deutsche Chart-Platzierung war 17.
(Ersteinstieg war am 15.07.1985 auf 74 für 8 Wochen)
November
1985:
Das erste Solo-Album 'Paul Hardcastle' erscheint. Stücke
wie 'Rainforest', 'Just for Money', 'Moonhoper' und '19' befinden sich darauf. Das
überraschende bei dieser '19'-Version (6:19 min.) ist, das sie ganz
anders klingt. Die Kommentarstimme wird von Clark Peters
gesprochen. Zudem ist die Backround-Sängerin
Janice Hoyte zu hören. Im nachhinein ist zu bemerken,
dass sämtliche bisher 22 '19'-Versionen in 5 Sprachen
erschienen sind, nie den gleichen Sound und Schnitt haben.

Fehler beim Geburtsdatum - richtig ist 10.12.1957
Von
dieser '19'-Album-Fassung gibt es zwei instrumentale
Versionen (3:33, 4:33 min.). s.
Details
Die
ausgekoppelte Single 'Just for Money' (dt. "Nur für
Geld") erscheint (Nov. 85). Die Backing Vocals werden von
den Sängerinnen Tessa Niles und Linda Taylor
gesungen.
Dezember
1985:
Paul spannte für das Video seines Hits 'Just for
Money' keinen Nachrichtensprecher
mehr ein,
sondern liess die englischen Schauspieler
Sir Laurence
Kerr Oliver (*22.05.1907 [Dorking, Surrey, GB] - †11.07.1989 [Brighton, Sussex, GB]), Ed O'Ross (geb.
04.07.1946, Pensacola, Florida), Alan Talbot
(geb.
?) und Bob Hoskins
(geb. 26.10.1942 [Suffolk, GB])
die Geschichte - des
grössten
Postzugraubes
aller Zeiten vom 08.08.1963 erzählen. Von
'Just for Money' gibt es verschiedene Mixes. |
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mehr
zu dieser Maxis-Single |
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Story aus 1986 |
...siehe
Paul's
Biografie |
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Wenn
Du aus dem Jahr 1986 in der BRAVO bzw. anderer Zeitschriften
Artikel zu Paul Hardcastle haben solltest, kontaktiere
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Michael. |
. |
Story aus
2010 |
Februar 2010:
Paul Hardcastle
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